Freitag, 21. November 2014

Die Vorfahrt der schiebenden Mamis

 
Hallo Zusammen,
neulich ging, nein schob ich mit einer Freundin im Schrevenpark in Kiel spazieren, samt Kindern im Kinderwagen, versteht sich. Am Rande des Parks verläuft
eine breite, für Fahrradfahrer bestimmte Spur. Genauer gesagt, eine NUR für Fahrradfahrer bestimmte Spur.
Nun ist es nicht so, dass ich etwas gegen Fahrradfahrer hätte. Bis vor kurzem fuhr ich selber gerne Rad und habe vor, es wieder zu tun, sobald Nr. 2 glücklich auf der Welt ist. Wir wollten diese Spur auch nur überqueren, nicht benutzen. Trotzdem wurden wir empört zur Seite geklingelt – wir hatten da ja auch nichts zu suchen.
‚Moment mal‘, durchschoss mich der Gedanke, ‚wieso eigentlich nicht?‘ Wieso gibt es Exklusiv-Spuren für Fahrradfahrer, Autofahrer, Busfahrer, in manchen Städten sogar für Taxifahrer – aber keine für schiebende Mamis?!? 
 
Ein gemeinsamer Freund, dem ich von dieser Idee erzählte, guckte mich nur entgeistert an. „Spuren für Kinderwagen? Für Mamis??“ Die Absurdität meines genialen Gedankens sprach aus jedem Zug seiner Mimik. Gleich darauf kam der Ärger: „Ihr Mamis mit Euren Kinderwagen steht ja ohnehin ständig im Weg! Auf der Holtenauer (eine Einkaufsstraße in Kiel) kommt man ja kaum mehr durch! Steht einfach da mit zwei, drei Kinderwagen und quatscht!! Beim Joggen in Düsternbrook bin ich neulich fast umgefahren worden! Da war so eine Enge, eine Mami mit einem fetten Wagen kam von vorn, sieht mich – und was macht sie?! Schaut mir fest in die Augen und schiebt einfach weiter! Ich musste anhalten!!! Glaubt Ihr, Ihr habt die Vorfahrt gepachtet?!?“
 
Nein, lieber Stefan, das glauben wir eigentlich nicht. Oder irgendwie doch? Auf jeden Fall: Ich kann das erklären…ich weiß, wie das jetzt klingt… aber lass es mich wenigstens versuchen.
Wir Mamis haben auf der einen Seite zwar ganz viel, nämlich ein wunderbares Kind, manchmal sogar zwei oder mehr wunderbare Kinder (sie sind alle wunderbar, anders geht es nicht). Das ist ein großes Glück, einerseits. Auf der anderen Seite haben wir jedoch fast nichts, jedenfalls in den ersten Lebensmonaten des Kindes, dem Kinderwagen-Schiebe-Alter: Keinen oder kaum Schlaf, so gut wie kein (und schon gar kein warmes) Essen, keine Hand frei, kein/kaum (eigenes) Geld/Einkommen, keine Freizeit (also Zeit nur und wirklich NUR für uns alleine), keine wirklichen Rechte am eigenen Körper (machen wir uns nix vor), keine Anerkennung, keine Selbstbestimmung, keine Die-Liste-ist-lang. Wir sind müde, unendlich müde, todmüde, erschöpft, shoppen maximal Windeln, wechseln wesentlich öfter dieselben in nicht sehr appetitlichem Zustand, entfernen ständig noch ganz andere Auswürfe unserer Kinder, haben (fälschlicher aber faktischer Weise) häufig ein schlechtes Gewissen, viel Chaos um uns herum und unendlich viel Sorge um das über alles geliebte Etwas da im Wagen. Von der Gesellschaft werden wir zwar theoretisch idealisiert, aber de facto oft mit Füßen getreten.
DA WOLLEN WIR WENIGSTENS VORFAHRT HABEN!!
Und mit dem Kinderwagen nehmen wir sie uns gelegentlich… unberechtigter, aber – vielleicht – jetzt verständlicher Weise. So ist das.
Ist das einleuchtend? Oder gar nicht? Was sagt Ihr? Was ist Euch mit Kinderwagen & Co schon alles passiert?
Allzeit freie Bahn & gute Fahrt
Eure Küstenmami
 
 
 
 
 

 

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