Freitag, 5. August 2016

WMDEDGT: Ein Tag voller Langmut

 
Moin, Ihr Lieben!
 
Heute, am 5. des Monats, heißt es wieder WMDEDGT oder "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?" Aus aktuellem Anlass möchte ich diese von Frau Brüllen gestellte Frage mit einem Tag voller Langmut beantworten. Warum, erfahrt Ihr gleich! Und wie immer wächst dieser Text im Laufe des Tages - schaut also gerne öfter mal rein.
 
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In Zeiten, in denen das Leben schwer ist oder schwer fällt oder auch einfach nur einzelne Dinge schwer sind, brauchen wir Langmut.

Langmut, das ist laut Duden eine "durch ruhiges, beherrschtes, nachsichtiges Ertragen oder Abwarten von etwas gekennzeichnete Verhaltensweise; große Geduld."

Der Thesaurus meines Word-Programms meldet zudem als Alternativ-Ausdrucksmöglichkeiten: "Ausdauer", "Schafsgeduld". Besonders letzteres finde ich eigentlich ganz schön, schon allein als Wort ;) Es erinnert mich an die Schafe hier bei uns im Norden, die bei Wind und Wetter auf dem Deich stehen, ruhig, geduldig, hinnehmend, freundlich.
 
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Wir brauchen Langmut, sowohl anderen als auch uns selbst gegenüber. Wir sind alle mal müde, alle mal erschöpft, machen Fehler, sagen ungewollt das Falsche oder vergessen das Richtige. Dabei sind wir alle keine bösen Menschen. Manchmal sagen bzw. schreiben wir auch etwas, das wir relativ harmlos meinen, das aber vom anderen ganz anders aufgefasst wird. Und schon ist der Teufel los, obwohl es das eigentlich gar nicht wert ist.
 
Das ist mir gestern Nacht sehr spät bzw. heute morgen sehr früh klar geworden. Denn was als harmlose Diskussion in einer WhatsApp-Eltern-Gruppe zur Schlafengehens-Zeit begann, war am frühen Morgen bereits ein Desaster. Irgendjemand beklagte sich, dass irgend jemand anderes sich zu wenig engagiert, dies oder das zu wenig getan hätte. Das war von der Sache her richtig, hatte aber Gründe. Die Gründe wurden genannt, die Rechtfertigungen aufgetürmt, der Abklatsch begann und zack, war die Gruppe um mindestens zwei Mitglieder ärmer und an vielen gekränkten Gefühlen reicher. Schade. Denn in dieser Gruppe, das kann ich Euch sagen, sind bzw. waren lauter liebe Menschen.
 
Langmut. Ein bisschen guter Wille. Etwas aushalten, etwas ausharren. Dem anderen die besten, nicht die schlechtesten Motive unterstellen. Überlegen, ob er oder man selbst nicht einfach nur ungeheuer übermüdet, ausgelaugt, mit anderen Dingen beschäftigt ist oder gar Kummer, Herzweh und Schlimmeres hat. Und dann innehalten, einen Schritt zurücktreten. Sich dem anderen und sich selbst neu zuwenden. Verzeihen, nochmal anfangen, Langmut beweisen.
 
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Ich weiß, leichter gesagt als getan. Denn wenn ich's nicht von außen betrachte, sondern mitten drin bin im Gefecht, bin ich darin auch nicht gut. Überhaupt nicht gut! Dann werde ich ungeduldig, fühle mich leicht angegriffen und lasse mich noch leichter schnecken. Ja, schnecken! Das sagt mein Mann jedenfalls und der hat immer recht ;)
 
Deshalb will ich's üben. Heute. "Denn was Du heute..." Ihr kennt das ja.
 
Und ich nehme Euch mit. Deshalb: Vorspann aus, Leben an. Hier kommt mein Tag, (hoffentlich) voller Langmut:

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 5.45 Uhr: Der Wecker klingelt. Langmut ist leichter, wenn man ausgeschlafen ist.
 
5.51 Uhr: Der Wecker klingelt erneut, und ich merke, dass ich keineswegs ausgeschlafen bin, so gar nicht. Die Nacht war, wie so oft in letzter Zeit, unruhig. Meine beiden Küstenkinder waren immer mal wieder wach, unabhängig voneinander. Der Küstenjunge, weil er sich den Schlafi ausgezogen hat und ihm dann kalt war (ach!). Das kleine Küstenmädchen, weil sie checken wollte, ob Mami wirklich noch im Schlafzimmer war.
 
Langmütig habe ich also meinem Großen den Schlafi immer wieder angezogen und es schließlich so mittel-langmütig mit Alternativen wie einer warmen Hose versucht. Ganz langmütig, fast schafsgeduldig habe ich mein kleines Mädchen getröstet und gefühlt 87 Mal versichert: "Alles ist gut. Mami ist da. Bitte schlaf weiter."
 
5.54 Uhr: Notiz an mich selbst: Ich muss mal lernen, das zu sagen, während ich weiter schlafe ;)

5.59 Uhr: Geduld brauche ich morgens viel bei meinem großen Rabauken. Der ist zwar schon seit 5.15 Uhr mehr oder weniger wach, will aber dennoch nicht so ohne weiteres aus seinem Bettchen. Kuscheln tut er dafür umso lieber.
 
6.20 Uhr: Langmut bzw. Geduld hat auf jeden Fall mein Küstenmädchen. Jeden Morgen mache ich erst sie, dann mich fertig. Und sie wartet auf mich, spielt lieb, während ich mich anziehe. Danke, kleines Küstenmädchen!
 
 6.45 Uhr: Das Frühstück geht wie immer unter der Woche ziemlich schnell, weil wir alle los müssen. Der Mann und ich müssen neben den breischmeißenden Kindern auch noch etwas besprechen: Ungünstig. "Engelsgeduld, Fassung, Friedfertigkeit"? Nee, "Fehlanzeige"!
 
7.22 Uhr: Beim Zähneputzen stellt der Küstenjunge meine Geduld wirklich auf die Probe. Erst muss ein Lego Tier nach dem anderen mit ins Bad, dann müssen alle in Reih und Glied aufgestellt werden, dann wird die Reihenfolge mehrmals geändert, weil "Nich richtich!", und dann können wir erst Zähneputzen. Dabei sind wir spät dran!
 
8.17 Uhr: Diesmal brauche ich die Langmut der WhatsApp-Eltern-Gruppe. Habe ich doch tatsächlich vergessen Bescheid zu geben, ob ich am Treffen zum Wochenende kann. Schande über mein Haupt - aber ja, das ist die Müdigkeit.
 
8.34 Uhr: Das mit dem Schlafmangel ist momentan einfach fies, das merke ich immer wieder. Eben wäre ich beinah gestolpert, über irgendein Spielzeug natürlich. An sich nicht so wild, aber ich hatte mein kleines Küstenmädchen auf dem Arm. Ist aber nochmal gutgegangen.
 
9.30 Uhr: Krabbelgruppe. Alle sind gut drauf, erst singen wir, dann spielen die Kids und die Mamis schnacken. Keine Langmut vonnöten... Oder klappt es gerade so gut, weil wir langmütig sind, gegenüber dem Durcheinander, dem Lärmpegel, den wilden Spielen der Großen und den 111 Sabberflecken der Lütten?
 
11.02 Uhr: Jetzt brauche ich Beharrlichkeit und Nachsicht mit mir selbst: Mir sind schon zum 3. Mal die Kartoffeln fürs Mittagessen durch die Hände geflutscht. Zum Glück wehrt sich der Hering weniger ;)
 
11.41 Uhr: Das Mittagessen mit dem kleinen Küstenmädchen ist eine einzige Lektion in Sachen Nachsicht und Langmut. Die ich immer schlechter meistere, *seufz*. Unser Töchterchen hantiert ja jetzt selbst mit dem Löffel - allerdings geht wesentlich mehr vorbei als hinein, und erstaunlicherweise landet der größte Teil des Essens auf mir. Auf einmal muss sie niesen - und zack, ist mein Gesicht orange-gesprenkelt. Aaaaaaaaarghh!!!

12.10 Uhr: Das kleine Mädchen und ich holen unseren Großen ab, und sie freut sich immer so, ihn zu sehen! Sie liebt diese Tour. Auf dem Hinweg sitzt sie ganz munter im Buggy und brabbelt vor Vorfreude. Wenn wir da sind, ist sie ganz still und beobachtet nur. Doch kaum sind wir wieder unterwegs, fängt der große, fröhliche Quatsch an. Meine beiden Küstenkinder lachen sich an und machen Blödsinn im Wagen, ärgern sich gegenseitig und schmeißen sich "Bäh's" und "Buh's" zu. Ich lasse sie gewähren, auch wenn der Doppelbuggy wackelt, und lächel nachsichtig - Langmut ist hier ganz leicht.
 
13.00 Uhr: Mittagsschlaf. Wieder muss ich ganz beharrlich sein, denn das kleine Mädchen möchte alles andere lieber als sich erholen. Stattdessen am liebsten auf Mami turnen! Doch mit Geduld und Spucke wird's was, und ich kann auch ein bisschen schlafen. Das tut gut, sage ich Euch!
 
15.05 Uhr: Jetzt haben wir das umgekehrte Problem: Der Küstenjunge will wieder nicht aus dem Bett heraus. Doch wir haben ein Spiele-Date, und ich möchte den Kindern gerne vorher noch einen Imbiss geben und sie wickeln. Und nicht zu spät kommen, denn auch wenn das mit Kind(ern) nicht immer zu vermeiden ist, ist mir das doch jedesmal ein bisschen peinlich. Leider bin ich deshalb beim Aufbruch so gar nicht entspannt, und das macht es nicht gerade besser.

16.38 Uhr: Ach, wie schön ist es, wenn die Kids friedlich zusammen spielen! Unser Küstenjunge hat seine anfängliche Schüchternheit abgelegt und probiert fasziniert mit seinem Kumpel dessen neues Parkhaus aus. Das kleine Küstenmädchen ist unterdessen mit dem Mann einkaufen gefahren. Hier muss ich mich zurückhalten bzw. zurücknehmen, denn auch wenn ich sie ja schon ganz bald (!) wiedersehe, vermisse ich sie, sobald sie aus der Haustür ist.
 
18.20 Uhr: Wir sitzen am Abendbrotstisch und wieder einmal tobt die Essensschlacht, wie oben schon beschrieben. Mit dem Unterschied, dass unsere Lütten müde sind - und wir eigentlich auch schon wieder. Doch diesmal klappt es besser; es wird ein harmonisches Abendessen.
 
19.10 Uhr: Gleich ist Aufräum- und Ins-Bett-Geh-Zeit. Liebevoll und beharrlich werde ich meine geliebten Küstenkinder in den Schlaf begleiten, wie jeden Abend. Das mag ich sehr gerne, und wenn sie friedlich schlummern, färbt ihre seelige Ruhe auf mich ab. Dann noch ein bisschen an den Rechner, das hier aufschreiben, und den Tag gemütlich ausklingen lassen.
 
Ein langer, langmütiger Tag ist zuende, und eigentlich hat's ganz gut geklappt, mit der Langmut und auch sonst. Ich habe den Eindruck, als Mami bzw. Elternteil kann man Langmut ganz besonders gut gebrauchen - und üben ;)
 
Morgen dann wieder alles auf Anfang!
 
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Wie war Euer (langmütiger) Tag?
 
Liebe Grüße vom Meer
 
Eure Küstenmami

2 Kommentare :

  1. Ohja, Langmut mache ich zu meinem Wort des Jahres. Wenn man etwas mit Kindern braucht, dann das ...

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    1. Gute Idee, Ute, da mache ich mit! Damit die Langmut laaaaange währt ;)

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